CLEANZONE 2018: Rein in den Körper

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Quelle: Messe Frankfurt, Sandra Gätke

Mikrobiologische Verunreinigungen stellen die hauptsächliche Herausforderung für Herstellungsprozesse in den Life-sciences dar. Biolumineszenzbasierte Verfahren könnten luftgetragene Keime in Zukunft schneller erfassen helfen – bis zum Echtzeit-Monitoring. Aber auch partikuläre Verunreinigungen erhalten aktuell eine größere Bedeutung. Einen Überblick gibt die Reinraummesse Cleanzone, Dienstag/Mittwoch, 23./24. Oktober 2018, in Frankfurt am Main.

In Reinräumen in der Medizin, der pharmazeutischen Herstellung und der Medizintechnik gilt es, viele Anforderungen zusammenzubringen: je nach den speziellen Gegebenheiten zum Beispiel. Dabei lässt sich das folgende „Ranking“ aufstellen: Medizinprodukte werden typischerweise in einer Umgebung der Reinraumklasse D hergestellt und dann sterilisiert, Arzneimittel, die später sterilisiert werden, in einer Klasse C. Eine keimfreie bzw. aseptische Abfüllung erfordert die Reinraumklasse A; dieser Bereich wiederum muss, nach dem „Zwiebelschalenprinzip“, von einem Reinraum der Klasse B umgeben sein.

Zwei Hauptkriterien für eine reine Umgebung

Jedes Reinraumsystem wird dem jeweiligen Prozess angepasst. So kann etwa unter reinen Werkbänken gearbeitet werden. Hier wird die gewünschte Reinheit unter anderem dank horizontaler oder vertikaler, laminarer Strömung von filtrierter Luft erzielt. Oder man arbeitet mit Handschuhen in einem Isolator (hermetisch abgeschlossene „Glove-box“), füllt dort steril an Ampullenabfüllstraßen ab oder kombiniert beides zu einem Isolator mit verschiedenen Füllmodulen.

Die beiden Reinheits-Kriterien sind die Einhaltung der maximalen Partikelkonzentration und der maximalen Keimzahl, genauer: der Anzahl von koloniebildenden Einheiten (KbE). Letzteres hat im Bereich Medizin, Pharma und Biotech eine deutlich größere Bedeutung als zum Beispiel in Reinräumen der Halbleiterherstellung. Der KbE-Wert wird klassischerweise durch Auszählen der koloniebildenden Einheiten nach Kultivierung einer Probe in einem Kulturmedium-Gel (i.d.R. Agarplatte) ermittelt.

Agarplatten und fluoreszenzgestützte Luftkeimdetektion

Zur Erfassung von Keimen auf feinsten Partikeln in der Luft (airborne microbial contamination) eignen sich insbesondere Luftkeimsammler. Sie sammeln die Bakterien und Pilze aus der Raumluft auf Filtern oder direkt auf Agarplatten. Die Bebrütung der Platten bzw. Filter auf Platten erfordert allerdings bis zu fünf Tage, bis das Wachstum visuell erkennbar wird. In dieser Zeit kann viel passiert sein! Gegebenenfalls müssen im Nachhinein ganze Chargen verworfen werden. Darum haben einige Forscher bereits Verfahren entwickelt, um fluoreszierende Moleküle, die möglicherweise mit der Anwesenheit von Mikroorganismen in Zusammenhang stehen, sofort zu identifizieren.

„Es gibt heute Systeme, die Zellwandbestandteile von Bakterien und Pilzen in Echtzeit über Fluoreszenzeffekte identifizieren“, erläutert Dr. Martin Klingmüller, Quality Manager bei der PNS GmbH, Melsungen, einem Spezialisten für patientenindividuelle Ernährungslösungen für die parenterale Anwendung. „Diese Systeme unterscheiden aber bislang nicht zwischen lebensfähigen und nicht lebensfähigen Bruchstücken und können daher die regulatorisch geforderte Keimzahlprüfung nicht ersetzen.“ Für die Zukunft sind auf diesem Gebiet weitere Annäherungen der Echtzeit-Messverfahren an den „Pharma-Standard“ zu erwarten.

Für wärmeempfindliche Wirkstoffe und Transplantate

Die aseptische Herstellung ist immer dann besonders wichtig, wenn bei thermolabilen Produkten (z.B. pharmazeutische Wirkstoffe) keine Endsterilisation durch Erhitzen erfolgen kann. Um den Eintrag von Umgebungskeimen zu verhindern, muss das Herstellungsumfeld dann praktisch frei von Keimen sein. Dies wird durch geeignete Desinfektion der Umgebung, sterile Hilfsmittel und Umströmung mit maximal filtrierter Luft erreicht (Klasse A nach EU-GMP).

Verschärfte Anforderungen kann die personalisierte Medizin stellen – ein Top-Thema der diesjährigen Cleanzone. Das betrifft unter anderem autologe Gewebetransplantate; ein Beispiel aus dem „Tissue Engineering“ lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Patienteneigene Knorpelzellen sollen in patienteneigenem Serum vermehrt werden, um ein Knorpelzellentransplantat zum Ersatz verlorengegangenen Gewebes im Kniegelenk zu erhalten. Die Handhabung des thermolabilen Transplantats erfolgt in einem Isolator der Reinraumklasse A. Dabei ermöglicht es ein patentiertes Verfahren, den Handschuhwechsel bei laufendem Betrieb vom Außenraum her durchzuführen – auch aus wirtschaftlicher Perspektive ein entscheidendes Plus. Und auf Antibiotika und Wachstumsfaktoren kann bei dieser Art der Knorpelzüchtung verzichtet werden.

Partikel bei patientennahen Medizinprodukten im Fokus

Neben mikrobiologischen Kontaminationen rücken auch partikuläre Verunreinigungen immer mehr in den Fokus. „In der Medizintechnik gewinnen sie zurzeit eine höhere Bedeutung“, stellt Guido Kreck, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung, fest. „Partikel können, wenn sie beispielsweise über die Verabreichung einer Injektionslösung in den Blutkreislauf gelangen, Thrombosen verursachen.“ Zudem fordert die aktuell gültige Version der DIN EN ISO 13485 mittlerweile auch, dass für sterile Medizinprodukte Partikel-Verunreinigungen betrachtet werden müssen. „In den letzten Jahren bekommen wir daher auch vermehrt am IPA Anfragen, wie mit solchen pauschalen Forderungen in der Praxis umzugehen ist“, stellt Kreck fest.

Ein weiteres Beispiel stellen Implantate dar, beispielsweise Zahn- oder Hüftimplantate aus Titan: Die aufgeraute Oberfläche soll die Verwachsung mit dem Knochen, die sogenannte Osseointegration, ermöglichen. Da an der Grenzfläche von Implantat und Knochen ein intensiver Kontakt mit menschlichem Gewebe hergestellt wird, darf das Produkt keine mikrobiologischen, partikulären oder auch chemisch-filmischen Verunreinigungen aufweisen, zum Beispiel Rückstände von Betriebshilfsstoffen.

Im Rahmen des Herstellungsprozesses von Medizinprodukten gilt es daher, ein sinnvolles und angepasstes Reinheitskonzept zu etablieren, das die Fertigungsumgebung (Reinraum, Sauberraum, konventionelle Fertigung etc.), die Reinigung, den Fertigungsprozess, das Personal und die Logistik berücksichtigt.

Alle aktuellen Trends rund um Reinheit und Reinräume in Pharma, Biotech, Medizin und Medizintechnik erlebt der Besucher auf der Messe Cleanzone am 23./24. Oktober 2018 in Frankfurt am Main.

Quelle Text & Bild: cleanzone.messefrankfurt.com