EUROTIER & ENERGY DECENTRAL 2018: Bioenergie im politischen Umfeld

Bioenergie im politischen Umfeld

Pressemitteilung des VDMA Power Systems zur EnergyDecentral 2018 – Anteil der Biomasse beträgt über 23 Prozent der gesamten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland – Ausschreibungsdesign in Deutschland muss Weiterbetrieb effizienter und zunehmend flexiblerer Anlagen berücksichtigen – Über 38 Prozent der weltweit installierten Biomasseanlagen zur Stromerzeugung befinden sich in Europa

Bioenergie im Koalitionsvertrag
Laut Koalitionsvertrag sollen in Deutschland bis zum Jahr 2030 zum Erlangen der Klimaschutzziele 65 Prozent Erneuerbare Energien im Stromsektor erreicht sein. Auch innerhalb der EU hat man sich auf das Ziel geeinigt, einen Anteil von 32 Prozent Erneuerbare Energien an der gesamten Energieversorgung bis 2030 EU-weit zu erreichen. Der Koalitionsvertrag sieht eine Weiterentwicklung des Bestands von Bioenergieanlagen im Zuge der Ausschreibungen vor, um damit zur Erreichung der Klimaziele im Energie- und Verkehrssektor beizutragen. Darüber hinaus soll die Reststoffverwertung verstärkt und der Einsatz von Blühpflanzen erhöht werden.

Status der Stromerzeugung durch Bioenergie
Biomassekraftwerke und Biogasanlagen, die zur Stromerzeugung eingesetzt werden, sind im Gegensatz zur volatilen Wind- und Solarenergie grundlastfähig, jederzeit zuverlässig einsetzbar und in ihrer Leistungsabgabe regelbar. Somit stellen sie eine gute Ergänzung zu Erneuerbaren Energien dar. Der zunehmende Anteil regenerativer Energien im Energiemix verlangt eine brennstoffbasierte Absicherung der Versorgungssicherheit. Da der Stromsektor eine flexible Erzeugung erfordert, kann dies besonders durch Technologien, die gasförmige Energieträger einsetzen, geleistet werden. In einem zunehmend erneuerbaren Energiesystems ist die strombasierte Sektorkopplung wichtig für die Flexibilität und Stabilität der Stromversorgung.

Im Jahr 2017 lag die Stromerzeugung aus Biomasse einschließlich Klär- und Deponiegas sowie des erneuerbaren Anteils der Siedlungsabfälle in Deutschland bei 51,4 TWh (2016: 50,9 TWh). Diese Zahl hat sich seit dem Jahr 2000 (4,7 TWh) mehr als verzehnfacht. An der Summe hatte Biogas (einschl. Biomethan) im Jahr 2017 mit 32,5 TWh den größten Anteil. Gemessen am Anteil der gesamten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien entspricht dies einem Anteil von 23,6 Prozent (8,5 Prozent am Bruttostromverbrauch). Der Großteil dieser Strommengen wird über das EEG gefördert. Die energetische Biomassenutzung findet zudem außerhalb des EEG, zum Beispiel mittels Stromerzeugung aus den biogenen Anteilen des Abfalls, der Verbrennung von Schwarzlauge oder Klärschlamm statt.

Entwicklung des Zubaus von Biomasseanlagen
Ende 2017 waren in Deutschland Biomasseanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von rund 7,6 GW installiert. Der Leistungszubau von Biogas- und Biomethananlagen lag im Jahr 2017 bei 260 MW. Davon entfallen 28 MW auf Neuanlagen und 232 MW auf Erweiterungen der installierten Kapazität bei bestehenden Anlagen. Die Entwicklung geht damit zum Weiterbetrieb effizienter und zunehmend flexiblerer Anlagen. In den ersten Jahren seit Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000 dominierten beim Zubau Anlagen, die feste Biomasse einsetzten. Ab dem Jahr 2005 leistete die Stromerzeugung aus Biogas den größten Beitrag. Der wesentliche Zubau von Biomasseanlagen erfolgte nach den EEG-Novellen in den Jahren 2004 bzw. 2009. Damals kam es zu einem schnellen Wachstum der Bioenergiebranche, das jedoch in den Jahren bis 2017 deutlich abgebremst wurde. In diesen Zeitraum fielen drei Novellierungen des EEG (2012, 2014, 2017). Die Entwicklung und Veränderung des Anlagenbestands ist auf veränderte Förderstrukturen und zunehmend strengere gesetzliche Anforderungen zurückzuführen.

Ausschreibungen für Biomasseanlagen
An der Ausschreibung für Biomasseanlagen dürfen sich neue, EEG-konforme Anlagen sowie – abweichend zu den Bereichen Wind- und Solarenergie – auch Bestandsanlagen beteiligen, deren restliche Dauer der Förderung durch das EEG acht Jahre nicht übersteigt. Die Dauer der Förderung für in der Ausschreibung erfolgreiche Bestandsanlagen beträgt weitere zehn Jahre.

In der ersten Biomasseausschreibung im September 2017 erreichten die eingegangenen Gebote nicht das Ausschreibungsvolumen von 122 MW. Es gingen nur 24 zulassungsfähige Gebote mit einem Volumen von rund 28 MW ein, die dann auch den Zuschlag erhielten. Die geringe Zahl an Geboten bestehender Biomasseanlagen, die sich an der ersten Ausschreibung beteiligten, hängt wesentlich damit zusammen, dass für die Mehrheit der Bestandsanlagen das Ende der bisherigen EEG-Förderung noch einige Jahre entfernt ist, und die bestehende Festvergütung attraktiver ist als der geltende Höchstwert in der Ausschreibung. Der mengengewichtete Durchschnitt der Zuschlagswerte lag bei 14,3 ct/kWh und damit nah an den Höchstwerten von 14,88 ct/kWh für Neuanlagen und 16,9 ct/kWh für Bestandsanlagen. Von den 24 Zuschlägen entfielen 20 Zuschläge auf Bestandsanlagen und vier Zuschläge auf Neuanlagen.

Bei den Biomasseausschreibungen im September 2018 wurden 79 Gebote mit einem Gebotsumfang von 77 MW bezuschlagt. Dies ist eine deutliche Steigerung gegenüber der im Vorjahr bezugeschlagten Menge von 28 MW. Dennoch lag das eingegangene Gebotsvolumen erneut deutlich unter dem Ausschreibungsvolumen von 226 MW. Insgesamt wurden 66 Gebote für Bestandsanlagen mit einem Volumen von 47 MW bezuschlagt. Dahingegen entfielen 13 Gebote mit einer Gebotsmenge von 29 MW auf Neuanlagen. Der durchschnittliche Zuschlagswert aller Gebote liegt bei 14,73 ct/kWh, was auch dem maximalen Wert für Neuanlagen entspricht. Der Höchstwert für Bestandsanlagen betrug 16,73 ct/kWh. Die meisten bezuschlagten Projekte erhalten die maximal gesetzlich zulässige Zahlung. Die deutliche Unterzeichnung der Ausschreibungen sowie das Erzielen von Zuschlagswerten nahe der Höchstwerte zeigt, dass das bisherige Ausschreibungsdesign überdacht werden muss.

Flexibilisierung von Bestandsanlagen
Für viele Biogasanlagen der rund 9.000 Biogasanlagen in Deutschland läuft die Vergütung gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in den kommenden Jahren aus. Deren Betreiber stehen zurzeit vor der Frage, ob sich ein Betrieb der Anlage auch darüber hinaus wirtschaftlich darstellen lässt und wie sie an einer bedarfsgerechten Bedienung der Märkte mit Wärme, Strom und Systemdienstleistungen teilhaben können.

Mit der im Rahmen des EEG ermöglichten und finanziell begünstigten Flexibilisierung können die Weichen für die künftige Ausrichtung und Standortsicherung des Biogasanlagenbetriebs bereits einige Jahre vor Ende des EEG-Zeitraums gestellt werden. Die Flexibilisierung von Bestandsanlagen ermöglicht, die Bereitstellung von Strom und Wärme aus Biogasanlagen besser an die Strommarkt-Nachfrage und an das Angebot fluktuierender erneuerbarer Energien aus Windkraft und Solarenergie anzupassen. Die Flexibilitätsprämie deckt einen wesentlichen Teil der Investitionen in die Flexibilisierung und soll Biogasanlagenbetreibern ermöglichen, das Ertragspotenzial des Spotmarktes durch den Weiterbetrieb effizienter und zunehmend flexiblerer Anlagen zu erschließen.

Seit Anfang November 2018 liegt der Referentenentwurf für das Energiesammelgesetz vor, der unter anderem wichtige Regelungen für die Flexibilisierung von Biogasanlagen beinhaltet. Hierzu zählt die Festlegung des Flexibilitätsdeckels auf 1.000 MW bei einer Inbetriebnahmefrist von 16 Monaten. Konkret bedeutet dies, dass Anlagenbetreiber eine Sicherheit bezüglich der Inanspruchnahme der Flexibilitätsprämie erhalten, sofern die Anlage spätestens 16 Monate nach Erreichen des Flexibilitätsdeckels in Betrieb gegangen ist.

Da bis Ende August 2018 bereits 736 MW des Deckels ausgeschöpft waren, dürfte dies vermutlich verstärkte Flexibilisierungsinvestitionen zur bedarfsgerechten und flexiblen Einspeisung auslösen. Auch das Vorziehen des jährlichen Ausschreibungstermins für Biomasseanlagen von September auf Mai wird positiv bewertet.

Biogene Stromerzeugung weltweit
Die International Energy Agency (IEA) prognostiziert eine Fortsetzung des Ausbaus Erneuerbarer Energien, so dass diese im Jahr 2023 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs decken werden. Ihr Verbrauch nimmt im Stromsektor am schnellsten zu und wird 2023 fast ein Drittel der gesamten weltweiten Stromerzeugung ausmachen. Aufgrund der schwächeren politischen Unterstützung und zusätzlicher Hindernisse für den Einsatz von erneuerbaren Energien wächst die Nutzung im Verkehrs- und Wärmesektor deutlich langsamer. Die IEA geht von einem anhaltenden Wachstum von Photovoltaik und Wind im Stromsektor aus. Der Anteil der Bioenergie am weltweiten Gesamtverbrauch an erneuerbaren Energien beträgt derzeit etwa 50 Prozent – so viel wie Wasser, Wind, Sonne und alle anderen Erneuerbaren.

Insgesamt waren Ende 2016 weltweit im Stromsektor Biomasseanlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 107.000 MW installiert. Zu den führenden Märkten zählen insbesondere Indien (3.580 MW) und China (1.820 MW) sowie Brasilien (870 MW). Im Jahr 2016 wurden weltweit Biomasseanlagen mit einer Kapazität von knapp 8.800 MW Leistung zur Stromerzeugung neu installiert.

Deutschland führt europäisches Länderranking an
Ende 2015 lag die Kapazität der in Europa installierten Biomasseanlagen zur Stromerzeugung bei über 37.000 MW. Damit entfallen auf Europa etwa 38 Prozent der weltweit installierten Leistung (rd. 98.000 MW). Im Jahr 2015 wurden in Europa neue Biomassekapazitäten mit einer Leistung von 1.700 MW neu errichtet, das entspricht etwa 27 Prozent der weltweit insgesamt neu installierten Leistung von rd. 6.400 MW.

Auch Europa verzeichnet ein deutliches Marktwachstum mit schwankendem Zubautempo innerhalb der einzelnen Mitgliedsstaaten. Zu den bedeutenden europäischen Ländern zählen aktuell Frankreich und Großbritannien, während Schweden und Deutschland zuletzt an Bedeutung verloren haben. Bezogen auf die insgesamt installierte Leistung führt Deutschland mit 9.280 MW Ende 2015 das Länderranking innerhalb der EU deutlich vor Schweden (5.154 MW), UK (5.148 MW), Italien (3.778 MW) und Finnland (1.794) an. In Summe sind in diesen fünf Ländern über 65 Prozent der europäischen Biomasseleistung zur Stromerzeugung installiert.

Die Gesamtzahl der Biogasanlagen in Europa stieg zwischen 2009 – 2016 von 6.227 auf 17.662 Anlagen (+11.435 Einheiten) an. Die installierte elektrische Gesamtleistung (IEC = Installed Electric Capacity) stieg zwischen 2010 – 2016 von 4.158 MW auf 9.985 MW im Jahr 2016 (+5.827 MW). Allein 2016 stieg die IEC um 858 MW (+9 Prozent).

Haben Sie noch Fragen? Gerd Krieger, Energiepolitik, Telefon +49 69 6603 1554, gerd(dot)krieger(at)vdma(dot)org, beantwortet sie gerne.

Besuchen Sie uns auf dem VDMA-Stand auf der EnergyDecentral: Halle 25, Stand M16

 

Bild & Text: eurotier.com