Mehr Qualität in der Ernährungstherapie

MEDCARE: Leipziger Kongress beleuchtet Leitlinien und Qualitätsstandards für die ambulante und stationäre Pflege

Der Einfluss einer optimal angepassten Ernährung auf den Erfolg medizinisch-pflegerischer Behandlungen wird oft unterschätzt. Konzepte und Qualitätsstandards der modernen Ernährungstherapie rückt die MEDCARE vom 27. bis 28. September 2017 in den Fokus. Zu den Themen zählen das Erfassen des Ernährungsstatus und das Vermeiden von Mangelernährung. Interaktive Falldiskussionen stellen Ernährungsprobleme bei alten Menschen sowie die interdisziplinäre Versorgung von Adipositas-Patienten in den Mittelpunkt. Informationen zur Ernährung von Intensivpatienten während der 5. Mitteldeutschen Intensivpflegetage ergänzen das Programm dieses Fachgebiets.

„Viele Erkrankungen gehen mit Einschränkungen in der Nahrungsaufnahme, des Appetits und des Hungergefühls einher“, betont Prof. Dr. Arved Weimann, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Klinikums St. Georg gGmbH in Leipzig, Experte des MEDCARE-Partners Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM) sowie Kongress-Fachbeirat. „Doch der Stoffwechsel ist eine Leistung, die Energie braucht, und Ernährungsdefizite können Heilungsprozesse wesentlich behindern. Deshalb ist das Thema Ernährung sowohl in der Pflege als auch bei der ärztlichen Behandlung von grundlegender Bedeutung – ob ambulant oder stationär.“ Bei zahlreichen Patienten gehöre Fehlernährung zu den begünstigenden Faktoren einer Erkrankung: Sie seien zwar nicht die Haupt- aber eine Nebenursache, beispielsweise bei chronischen Wundinfektionen.

„Die sektorenübergreifend ausgerichtete MEDCARE ist in besonderer Weise in der Lage, dem interprofessionellen Anspruch der Ernährungstherapie Nachdruck zu verleihen“, unterstreicht Prof. Weimann. „Praxisorientierte Beispiele machen transparent, was für die Patienten und deren bestmögliche Versorgung nützlich ist.“

Komplexe Fälle leitliniengerecht behandeln

„Auf der MEDCARE diskutieren wir die Ernährungstherapie bei komplexen Fällen vor dem Hintergrund aktueller Leitlinien“, kündigt Prof. Weimann an. „In diesem Zusammenhang stellen wir die neuen Leitlinien für die ernährungstherapeutische Versorgung chirurgischer Patienten sowie alter Menschen vor.“ So greift eine interaktive Falldiskussion die Zusammenarbeit von Ernährungs- und Wundspezialisten bei der Betreuung eines Patienten mit Adipositas auf, der aufgrund einer Operation stationär behandelt wird. Er muss mit einem Stoma versorgt werden und leidet unter Wundheilungsstörungen – laut Prof. Weimann ein besonderes Risiko bei dieser Patientengruppe.

Eine weitere Falldiskussion widmet sich „Ernährungsproblemen bei alten Menschen“. „Wir verdeutlichen, dass hier eine erhöhte Gefahr für Mangelernährung besteht“, so Prof. Weimann. Denn bei alten Menschen werde Muskulatur leichter ab- als aufgebaut und zum Teil in Fettgewebe umgewandelt. „Die sarkopenische Adipositas zum Beispiel wird unterschätzt. Die Patienten sind übergewichtig und haben zu wenig Muskelmasse. Doch Muskulatur ist unabdingbar, um nach einer OP wieder mobil zu werden. Selbst zum Abhusten wird Muskulatur gebraucht.“

Fokus auf Kooperation

Ein interprofessioneller Blickwinkel prägt ebenso die Seminare des Clusters Ernährung auf der MEDCARE. So beleuchtet „Pflege und Hygiene im Umgang mit Katheter und Sondensystemen“, wie Ernährung und Hygiene zusammenspielen. Weitere Veranstaltungen stellen die Erfassung des Ernährungsstatus sowie – mit Input der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) – die Ernährung und Verpflegung in der Klinik ins Zentrum. Besprochen wird ebenso, wie sich mithilfe des DGE-Qualitätsstandards Mangelernährung vermeiden lässt.

Abbau von Berührungsängsten und neues Entlassmanagement

„Insgesamt wächst die Sensibilität für den Bereich Ernährung“, konstatiert Prof. Weimann. „In immer mehr Krankenhäusern gehört der Ernährungsstatus zum Aufnahmeprozess. Im Klinikum St. Georg sind wir 2009 damit gestartet, zählten zu den Vorreitern in Deutschland.“ Erfahrungen werde er auf der MEDCARE vorstellen: „Wer in schlechtem Ernährungszustand ist, liegt länger im Krankenhaus. Diesen Zusammenhang belegen unsere letztes Jahr veröffentlichten Ergebnisse ganz klar.“

Zu den künftigen Herausforderungen gehören laut Prof. Weimann der Abbau interprofessioneller Berührungsängste sowie eine bessere Überleitung – beispielsweise zum Weiterführen einer Ernährungstherapie nach dem Wechsel vom stationären in den ambulanten Sektor. „Eine aktuelle Stunde im Rahmen des Kongresses befasst sich mit den ab Sommer 2017 geltenden gesetzlichen Vorgaben zum Entlassmanagement und wie Krankenhäuser die Anschlussversorgung der Patienten umsetzen.“

5. Mitteldeutsche Intensivpflegetage mit Ernährungsthema

Mit der Ernährung von Intensivpatienten beschäftigt sich ein Seminar der 5. Mitteldeutschen Intensivpflegetage, die parallel zur MEDCARE stattfinden. Unter anderem wird Bezug auf den Eiweißbedarf bei Dialyse genommen sowie die enterale der parenteralen Ernährung gegenübergestellt.

Über die MEDCARE

Die MEDCARE ist der neue nationale Branchentreff für die klinische und außerklinische Patientenversorgung. Im Fokus des Kongresses und der Fachausstellung steht die Behandlungspflege mit Therapieverfahren wie moderne Wundversorgung, medizinische Ernährung, Stoma- und Inkontinenzversorgung sowie Palliativmedizin. Spezielle Workshops und Vorträge widmen sich der Intensivpflege und der Patientensicherheit. Ein besonderer Schwerpunkt des Veranstaltungskonzepts liegt auf der Organisation der Patientenüberleitung zwischen klinischem und außerklinischem Bereich. 2015 nutzten mehr als 1000 Kongressteilnehmer die MEDCARE als sektorenübergreifende Fortbildung und zum Informationsaustausch mit den insgesamt 70 Ausstellern. Die MEDCARE 2017 findet vom 27. bis 28. September in Leipzig statt.