Wesentliche Impulse für unser mobiles Leben kommen aus dem Bereich der digitalen Welt, der bildgebenden und bildverarbeitenden Verfahren. Ob autonomes Autofahren, Postpaket per Drohne oder Weltraumerkundung – eine wesentliche Voraussetzung für zukünftige Entwicklungen auf diesen Gebieten besteht in hochauflösenden optischen Systemen. Die geforderte Präzision kann nur durch die Herstellung in Reinräumen gewährleistet werden. Wie Reinräume für die aktuellen Anforderungen durch die moderne Optik gestaltet werden müssen, zeigen die Hersteller auf der Reinraummesse Cleanzone am Dienstag/Mittwoch, 17. + 18.10.2017, in Frankfurt am Main.
Die genannten Beispiele stehen für die Erfüllung von Träumen: Das Auto wird auf eine ganz neue Weise sicherer und komfortabler. Doch um die Leistung des menschlichen Auges nachzuahmen und zu übertreffen bedarf es Optiken von nie gekannter Empfindlichkeit und Detailschärfe, bei der kleinste Verunreinigungen zu Störungen des Systems führen. Dies ist bereits bei alltäglichen und daher vermeintlich einfachen Aufgabenstellungen von Bedeutung wie etwa im Straßenverkehr. Viele bewegliche Objekte machen ihn zu einem nur mit Präzisionsoptiken erfassbaren komplexen Geschehen. Ein weiteres Beispiel stellt das Weltraumteleskop E-ELT in Chile dar („European Extremely Large Telescope“). Ein Hauptspiegel, zwei Korrekturspiegel – und dann müssen sich auch noch die Verzerrungen des Lichts aus dem Weltraum durch die Erdatmosphäre durch minimale Verbiegungen der Spiegeloberfläche kompensieren lassen, die in einer Größenordnung von Zehntausendstelmillimetern liegen.
Herausforderung an die Zukunft: Die 7-Nanometer-Technologie
Auch die ganzheitliche Konzeption wird wichtiger. Denn während man früher Optiken separat designte und fertigte, müssen die Hersteller heute ebenso die Folgeaufgabe lösen, die da lautet: Jede Optik weist bestimmte Fehler auf. So treffen sich die einzelnen Strahlen eines Strahlenbündels nach Durchgang durch ein optisches System nicht genau in einem Punkt wieder (Aberration); hinzu kommen Verzeichnungen, Bildwölbungen oder Farbfehler. Streng genommen ist die perfekte Abbildung eines räumlich ausgedehnten Objekts nur an ebenen Spiegeln möglich (James Clerk Maxwell, 1858; Constantin Carathéodory, 1926). Unter Berücksichtigung der später eingesetzten Hardware muss nun eine geeignete Software so konzipiert werden, dass sie die besagten Fehler ausgleicht. Und das Gesamtsystem darf nicht zu voluminös werden, weil selbst ein Auto nur begrenzten Platz für Elektronik und Optik bietet.
Für die Optik gilt vor allen Dingen eines: Sowohl bei der Fertigung von Linsen wie auch in den nachgelagerten Schritten müssen Verunreinigungen peinlichst vermieden werden. Dies betrifft zum Beispiel das Verkleben („Bonden“) mehrerer Linsen oder von Linse und Sensor. In der Chip-Produktion kommt man unter diesen Vorgaben schnell in den Bereich der aktuellen 7-Nanometer-Technologie. Dabei handelt es sich um eine Form der Lithographie mit der Besonderheit, dass Wellenlängen im Spektralbereich des extremen Ultravioletts eingesetzt und die Strukturen unter Vakuum erzeugt werden. Da produziert man in Reinraumklasse-1-Mini-Environments von zum Beispiel acht Kubikmetern. Strukturen von sieben Nanometern entsprechen fünf aneinandergereihten Kohlenstoffatomen. Für die Reinraumtechnik bedeutet das: Bereits Verunreinigungen in der Größe von Molekülen rücken in den Fokus. Dazu gehören sowohl luftgetragene molekulare Verunreinigungen (AMC, „airborne molecular contamination“) als auch molekulare Oberflächenverunreinigungen (SMC, „surface molecular contamination“).
Störstoffe im Reinraum
In Optik und Elektronik kann zum Beispiel Ammoniak den Herstellungsprozess empfindlich stören. Es kann unter anderem vom Personal oder von Isopropylalkohol-haltigen Lösungsmitteln herrühren. Klebe- und Ofenprozesse reagieren sensibel auf ausgasende Stoffe wie Chlor und Siliciumtetrabromid (SiBr4). Zu den bekannten „Reinraum-Störstoffen“ zählen darüber hinaus unter anderem Aceton (Quelle: Personal), Bromwasserstoff und Chlorwasserstoff, Wasser und Schwefelsäure (Quelle: Prozess), das Lösungsmittel PGMEA (Propylenglycolmonomethyletheracetat), das Silylierungsagens HMDS (Hexamethyldisilazan) und das in Sol-Gel-Prozessen eingesetzte TEOS (Tetraethylorthosilicat).
Während sich diese Substanzen analytisch erfassen lassen, stellt das Monitoring von luftgetragenen Kohlenwasserstoffen, Epoxiden und den schier ubiquitären Siloxanen ein Forschungsthema in der Luft- und Raumfahrt, Mikroelektronik und der Optik dar.
Neue Ansätze für chemisch-analytische Monitoring-Systeme
„Gerade die messtechnische Erfassung dieser drei Substanzklassen – Kohlenwasserstoffen, Epoxiden und Siloxane – hat sich als sehr schwierig erwiesen und ist zurzeit noch nicht befriedigend gelöst“, resümiert Markus Thamm, der für Vertrieb und Marketing bei cleanroom.de, Heidelberg, verantwortlich zeichnet. „Es gibt aber hoffnungsvolle Ansätze, die nach meiner Einschätzung noch in diesem Jahr zu Erfolgen führen könnten. Entscheidend ist für mich, nicht nur punktuell Werte zu erfassen, sondern für die drei Substanzklassen ein System zum kontinuierlichen Monitoring zu etablieren.“
Neben möglichen chemischen Verunreinigungen während des Betriebs gilt es in der Qualitätskontrolle mechanische Fehler zu erfassen. „Dazu müssen wir Oberflächen von komplexen Linsensystemen oder Wafern vermessen und dabei Partikel und Kratzer von Ausmaßen deutlich unter 100 Nanometern erfassen“, stellt Volker Knorz, KLA-Tencor, Weilburg, fest. „Auch dies zählt zu den Voraussetzungen für eine Optik zum Einsatz im autonomen Fahrzeug oder in der Raumfähre.“
Ein gezielter Rundgang über die Messe Cleanzone im Oktober 2017 bringt den Besucher auf den neuesten Stand der Reinraumtechnologie, die für die Wachstumsbranche „Optik“ von essentieller Bedeutung ist. Vielleicht kommt der eine oder andere während seines Messebesuchs sogar der Reise ins Weltall ein Stück näher.