SMM 2018: Gmec auf der SMM: Schifffahrt nimmt Kurs auf Klimaschutz

Gmec auf der SMM: Schifffahrt nimmt Kurs auf Klimaschutz

Weniger Abgase, mehr Effizienz: Beim gmec – global maritime environmental congress – auf der SMM in Hamburg diskutierten renommierte Experten aus Wirtschaft und Forschung, wie die globale Schifffahrtsbranche die ehrgeizigen umweltpolitischen Ziele der IMO erfüllen und dennoch ihre Dienstleistungen weiterhin zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten kann.

„Wir stehen am Anfang eines neuen Kapitels der Seeschifffahrt“, sagte Tian-Bing Huang, Deputy Director Marine Environment Division bei der International Maritime Organization (IMO). In seiner Rede zum Start des global maritime environmental congress (gmec) befeuerte er damit gleich die ohnehin spürbare Aufmerksamkeit der Teilnehmer im gut gefüllten Konferenzsaal. Der in Zusammenarbeit mit Seatrade organisierte gmec fand zum fünften Mal statt. Keine Frage: Die Schifffahrtbranche steht vor großen Aufgaben. Hintergrund ist die Schwefelobergrenze der IMO, nach der Brennstoffe ab 1. Januar 2020 nur noch maximal 0,5 Prozent Schwefel enthalten dürfen. Bis 2050 soll die Branche zudem den Ausstoß an Treibhausgasen um die Hälfte senken – und das trotz eines weiter wachsenden Welthandels. In drei verschiedenen Panels widmeten sich die hochkarätigen Speaker den Themen „Preparing for Ballast Water Treatment“, „Dealing with the environmental challenges of the future“ und „The passenger shipping industry as an environmental pioneer“. Fazit: die ambitionierten Ziele sind zugleich Herausforderung und Chance.

Treibhausgase: Lösungen gefragt
„Wir wollen in diesem Panel nicht weniger als eines der größten Probleme der Menschheit lösen – und wir haben dafür rund 90 Minuten Zeit“, sagte Moderator Teus van Beek (General Manager Market Innovation, Wärtsilä Marine Solutions) in seiner Einleitung. Er diskutierte mit Captain Wolfram Guntermann (Director Environmental Management, Hapag-Lloyd AG), Katharine Palmer (Global Sustainability Manager, Lloyd’s Register), Jan-Olaf Probst (Business Director Container Ships, DNV GL – Maritime) sowie Dr.-Ing Gerd Würsig (Business Director Alternative Fuels, DNV GL – Maritime) und Helge Bartels (General Manager, Zeaborn Ship Management) über den IMO-Klimaschutzfahrplan und seine Folgen. Schon heute ist die Schifffahrt das grünste Transportmittel. Der Anteil des Seeverkehrs an den weltweiten CO2-Emissionen betrage aktuell 2,2 Prozent – das ist ungefähr so viel Treibhausgas, wie Deutschland im Jahr ausstößt. Prognosen gehen jedoch davon aus, dass der Anteil in den nächsten Jahren deutlich steigen wird. Lösungen müssen also her. „Eine davon kann LNG sein. Aber uns fehlt noch immer eine intakte Infrastruktur, die uns LNG auch ans Schiff bringt“, bemängelte DNV GL-Manager Probst.

Für die Reeder bedeuten die strengeren Grenzwerte enorme Kosten für Filtertechnologien sowie mittelfristig den Umstieg auf alternative Antriebstechnologien. „Wir werden um immense Investitionen nicht umherkommen. Doch der Blick in den Rückspiegel zeigt: Wir sind immer eine innovative Branche gewesen und wir werden auch diese Herausforderung meistern“, sagte Helge Bartels von der Reederei Zeaborn. Auch die Effekte von Slow Steaming sowie die Chancen der Digitalisierung etwa durch die Verbindung von Smart Ships und Smart Ports kamen bei der Diskussion zur Sprache.

Ballastwasser: Unterstützung erforderlich
Ein weiteres zentrales Thema der Konferenz war Ballastwasser. Rund ein Jahr, nachdem das Ballastwasserübereinkommen in Kraft getreten ist, zogen die Experten beim gmec eine erste Bilanz. Auf dem Podium des von Sahan Aberysekara (Teamleiter Ballastwassermanagement bei Lloyds Register) moderierten Panels saßen neben Keynote-Speaker Huang noch Capt. Sean T. Brady (Commandant, U.S. Coast Guard Office of Operating and Environmental Standards), Debra DiCianna (Senior Compliance Engineer, Choice Ballast Solutions), Stamatis Fradelos (Director Business Development, ABS) sowie Tim Wilkins (Environment Director bei Intertanko). Die Teilnehmer waren sich einig, dass es das eine passende System für jeden Schiffstyp nicht geben kann, sich das Angebot aber insgesamt stark weiterentwickelt habe. Für Reeder sei es nun wichtig, mehr Unterstützung sowohl bei der Auswahl als auch beim Betrieb von Systemen zu erhalten. „Es gibt jede Menge kleiner Details, die zu beachten sind. So ist es zum Beispiel wichtig, die Einzelheiten der Typgenehmigungszertifikate des Ballastwasser-Managementsystems (BWMS) zu verstehen“, sagte BWM-Fachfrau DiCianna. „Es ist unerlässlich, Informationen auszutauschen, um die technischen und regulatorischen Probleme, mit denen die Branche tagtäglich konfrontiert ist, zu überwinden“, sagte Intertanko-Umweltexperte Tim Wilkens.

Passagierschiffe: Vorbildfunktion gesetzt
Eine Vorreiterrolle in Sachen Umweltschutz nehmen Passagierschiffen ein. Lex Nijsen (VP Head of Four-Stroke Marine, MAN Energy Solutions), Jan-Erik Räsänen (Head of New Technology, Foreship), Rolf Sandvik (CEO, The Fjords), Bud Darr (EVP Maritime Policy and Government Affairs, MSC Group) sowie Tom Strang (SVP Maritime Affairs, Carnival Maritime and Chairman, CLIA Europe Environment, Safety & Security Comittee) diskutierten unter Leitung von Andreas Chrysostomou (Chief Strategy Officer, Tototheo Maritime) aktuelle und künftige Herausforderungen. „Wir stehen vor einer unglaublichen Aufgabe, und ich habe heute noch keine Ahnung, wie wir sie lösen sollen. Keiner weiß es. Aber das sind die Situationen, in denen eine Branche über sich hinaus wachsen kann. Wichtig ist, dass wir jetzt anfangen zu arbeiten. Und dass wir es gemeinsam tun“, mahnte MSC-Manager Bud Darr zum Schulterschluss der Branche. Lichtblicke sind schon jetzt zu sehen. Zahlreiche Fähren fahren mit Hybridantrieb, etliche Schiffe nutzen im Hafen Landstrom oder lassen den Bordstrom umweltfreundlich über LNG-Bargen erzeugen. In wenigen Wochen geht mit der „AIDAnova“ das erstes Kreuzfahrtschiff der Welt an den Start, das zu fast 100 Prozent mit Flüssigerdgas (LNG) betrieben wird – und zahlreiche weitere LNG-betriebene Kreuzfahrtschiffe stehen in den Auftragsbüchern der Werften.

Ein weiteres Highlight präsentierte The Fjords-Chef Rolf Sandvik. Sein Unternehmen hat ein Passagierschiff für 400 Personen entwickelt, das sauber, effizient, ruhig – und damit ideal geeignet ist für Touren durch die norwegischen Fjorde.

Informativ, mobilisierend, ermutigend: Beim gmec 2018 bekamen die Zuhörer eine fachkundige Bestandsaufnahme der aktuellen Situation – und erlebten eine große Aufbruchsstimmung der maritimen Community. Klima- und Umweltschutz stehen auch auf der SMM besonders im Fokus –etwa in Halle A5, die dem Thema „Green Propulsion“ gewidmet ist, oder entlang der „Green Route“, die Besucher zu den entsprechenden Ausstellern navigiert.

 

Bild & Text: smm-hamburg.com